Die IG Baupflege Nordfriesland und Dithmarschen im Interview mit dem Markensoziologen Dr. Arnd Zschiesche (Teil I)

Der Vorstand der IG Baupflege bat den Hauptreferenten zur Jubiläumsveranstaltung “40 Jahre IG Baupflege” zum Interview. Das vollständige Gespräch ist nachzulesen im “Der Maueranker”/39. Jahrgang, März 2020. Festakt und Vortrag hätten am 30. April 2020 im “Schloss vor Husum” stattfinden sollen, mussten jetzt aber wegen der Corona-Krise verschoben werden. Ein neuer Termin wird demnächst bekannt gegeben.

Herr Zschiesche, wie kommt ein Markenexperte dazu, sich für die IG Baupflege zu engagieren? Soll so etwas wie die IGB auch eine Marke sein? Nivea, Tempo, Porsche, das sind doch Marken!

Selbstverständlich ist die “IG Baupflege Nordfriesland und Dithmarschen” eine Marke. Wer seit nunmehr 40 Jahren erfolgreich existiert und in seinem Metier und seiner Region für tiefe Kompetenz bekannt ist, aber vor allem wer als Verein eine solche Resonanz erhält, wie es nicht zuletzt die öffentliche Unterstützung für das neue Online-Lexikon beweist oder die Tatsache, dass man 1984 den Deutschen Preis für Denkmalschutz erhielt, der kann und muss für sich in Anspruch nehmen, eine Marke zu sein. Ob hinter dem Markennamen ein e. V., eine AG oder GmbH steht, das ist für die Wahrnehmung als Marke zunächst völlig egal.

Marke wird ab dem Punkt wirksam, an dem Menschen sich positiv über eine bestimmte Leistung vernetzen und bereit sind, dafür regelmäßig Geld zu bezahlen. Der Unterschied eines gemeinnützigen Vereins gegenüber einem „normalen“ Wirtschaftsunternehmen ist die Tatsache, dass eine Firma als Marke wirtschaftlich wirksam wird, wenn sie möglichst viel von ihrem Produkt verkauft. Vor dem Hintergrund ist die Aufgabe eines erfolgreichen Marken-Vereins gar nicht hoch genug zu bewerten: seine Leistung muss die Menschen so überzeugen, dass sie sogar ohne ein materielles Gegen-Gut zu erhalten für ein ideelles Gut freiwillig Geld geben. Um das zu erreichen, muss die Leistung des Vereins für viele Menschen einen hohen persönlichen Wert besitzen. Ob Porsche, Nivea oder IGB: Am Ende des Tages muss jede Marke der Welt über die Attraktivität ihrer Leistung Menschen dazu bewegen, ihr hart erarbeitetes Geld dafür zu investieren.

Die IG Baupflege hat sich ihre „Kundschaft“ erobert und beweist qua 40jähriger Existenz, dass der Erhalt dieser einzigartigen Kulturlandschaft viele Menschen bewegt und motiviert, sich auf die eine oder andere Art für die Sache zu engagieren. Ohne jedes Pathos: Eine einmalige Leistung, die wie jede herausragende Markenleistung nur mit erheblichem Engagement zu erreichen ist. Auch das Engagement der Menschen selbst ist innerhalb eines Vereins besonders hoch zu bewerten: Diese Menschen erledigen die Arbeit mehrheitlich nicht wegen des Geldes sondern um der Sache wegen! Sie sind zumeist keine hochbezahlten Mitarbeiter, sondern im Gegenteil unbezahlte Überzeugungstäter…

Und für eine ehrenamtliche Marke, der es um deutlich mehr geht als um Geld und Rendite sollte sich eigentlich jeder Mensch aus Prinzip engagieren! Ich tue dies besonders gerne für die IG Baupflege, weil mir aus vielerlei beruflich-persönlichen Gründen die Inhalte und Leistungen dieser Marke besonders nah am Herzen liegen (Vgl.: “Warum der Erhalt von nordfriesischen Haubargen für norddeutsche Soziologen Ehrensache ist“)

Bild: Das Kulturdenkmal Haubarg schematisch betrachtet. Das Gebäude mit dem gewaltigen Stauraum unter den Reetdach diente zum Heu bergen und als Lagerplatz für ungedroschenes Korn. Extrem hohe Eichenständer umschließen den Vierkant, auch Gulf genannt. Um das Ständerwerk gruppieren sich die Wohnräume und Stallungen. Einst gab es über 400 Haubarge auf Eiderstedt. 

Ist unser Verein, die IG Baupflege als Marke nicht viel zu klein, um als eigenständige Marke wahrgenommen zu werden? Bei Vereinen fallen einem Namen wie ADAC, NABU etc. doch eher ein.

Eine Marke zu sein, hat tatsächlich relativ wenig mit schierer Größe zu tun. Marke wird nicht erst wirksam ab einer gewissen Berühmtheit oder gar weltweiter Bekanntheit des Namens. Das ist nicht hinderlich, aber auf keinen Fall zwingend. Marke lebt primär von sozialer Dichte, nicht von Ausdehnung. Was genau heißt das?

Das kleine italienische Restaurant kann in seiner Region oder seiner Stadt bekannt sein für seine hervorragende Pizza oder Pasta. Die Menschen sprechen daher über diese Pizzeria, empfehlen sie weiter.  Es entsteht über die Zeit ein positives Vorurteil, ein guter Ruf über die Kulinarik dieses Restaurants.

Von dem guten Ruf des Restaurants kann die Familie gut leben, denn er sorgt dafür, dass derLaden jeden Abend voll ist. Das Restaurant ist in dieser Gegend somit zu einer echten Marke avanciert: Im besten Falle hat jeder in der Stadt oder der Region schon einmal den Namen des Pizza-Experten gehört, selbst wenn er oder sie noch nie dagewesen ist. Das nennt der Soziologe soziale Dichte, ein guter Ruf, ein möglichst gleichgerichtetes positives Urteil vieler Menschen über eine bestimmte Leistung. Für die Marke ist die Stärke dieses Vorurteils entscheidend und im Falle eines Vereins die daraus resultierende Stärke der Unterstützer. So wie für das Restaurant eine ausreichende Anzahl an italophilen Stammkunden.

Jede Marke hat so angefangen, ob Coca-Cola, oder NIVEA oder IG Baupflege…  Mit dem Unterschied, dass nicht jeder erfolgreiche Wirt zwangsläufig Lust hat, aus seinem Restaurant eine weltweite italienische Restaurantkette zu machen. Wozu auch, wenn sein Restaurant gut läuft und er sich nicht klonen kann oder will.

Das Namen wie der ADAC einen stärkeren, präzise gesagt einen höheren Bekanntheitsgrad in Deutschland als Marke haben, das ist bedauerlich für die IG Baupflege, aber es ist ohne Zweifel so.  Aber der NABU hatte seit 1899, der ADAC seit 1903 Zeit, sich ein positives Vorurteil aufzubauen. Die Seenotretter sogar seit 1865, da ist die IG Baupflege mit 40 Jahren noch ein Küken dagegen… Und wir arbeiten ja genau deswegen an der Marke.

Was ich damit sagen möchte ist, einerseits kann es für eine Marke wirtschaftlich vollkommen ausreichend sein, „nur“ in Anführungszeichen in ihrer Region bekannt zu sein. Andererseits benötigt der valide Aufbau eines guten Rufs, der Aufbau von Vertrauen in eine Leistung auch im 21. Jahrhundert weiterhin seine Zeit. Zumindest wenn der Vertrauensaufbau langfristig wirksam sein soll, was bei Marken grundsätzlich der Fall ist bzw. der Anspruch sein sollte.

Rein strukturell ist Marke eine sehr „spießige“ Angelegenheit: Ein Unternehmen oder eine Vereinsorganisation erbringt eine bestimmte Leistung. Wenn diese Leistung attraktiv für eine bestimmte Anzahl Menschen ist, dann findet sie zunehmend Anhänger, diese nutzen die Marke im besten Falle regelmäßig – und wenn sie wiederholt nicht enttäuscht wurden von der Leistung der Marke, entsteht ein positives Vorurteil.

Sie sind von Beruf und von der Ausbildung her Markensoziologe, warum beschäftigt sich die Soziologie überhaupt mit Marke?

Die Soziologie ist die Lehre von den Bündnissen. Der Mensch geht soziale Bündnisse mit anderen Menschen ein, aber er geht eben auch solche Bündnisse mit den Dingen ein: Das startet vielleicht beim ersten Teddy, geht weiter mit der Elmex-Zahnpasta im Bad, dem Apple-Laptop auf dem Schreibtisch oder dem Volvo auf der Auffahrt. Eine bestimmte Zeitung an jedem Sonntagmorgen oder der Tatort an jedem Sonntagabend. Siemens warb früher mit dem neudeutsch Claim „Wir gehören zur Familie“. Das beschreibt die Rolle, die einige Marken für uns haben können, sehr gut.

Marken gibt es, weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist, er liebt Dinge auf die er sich verlassen kann. Deswegen gibt es so viele Menschen, die ihren Sommer-Urlaub immer an der Nordsee, immer in diesem einen Hotel an diesem einen Ort verbringen. Das Höchste, was eine Marke erreichen kann, ist zu einer Gewohnheit im Leben von bestimmten Menschen zu werden, bei ihnen zum Alltag “irgendwie” dazu zu gehören. Das können ganz profane Dinge sein, vom Lieblingsjoghurt bis zum Lieblingskäse.

In der Markensoziologie heißt es: Marken sind ein Wohnzimmer der Seele. Der Markensoziologe trägt Sorge dafür, dass ein Unternehmen penibel darauf achtet, die Erwartungshaltung, das positive Vorurteil der Kundschaft über die Marke immer wieder neu zu bestätigen. Nur so kann sichergestellt werden, dass es wirtschaftlich funktioniert: Gutes Markenmanagement ist vor allem Vertrauensmanagement.

Der Soziologe achtet darauf, dass die Gründe, warum Menschen ein Bündnis mit einer bestimmten Marke eingehen wollen, dass genau diese konkreten Andockungspunkte stets erhalten bleiben. So wie die IG Baupflege dafür sorgt, dass viele Andockungspunkte, welche die Regionalmarken Nordfriesland und Dithmarschen ausmachen, erhalten bleiben: Für die Attraktivität dieser einzigartigen nordischen Kulturlandschaft.

Eines von vielen schützenswerten historischen Gebäuden in Nordfriesland und Dithmarschen: Der Haubarg Blumenhof bei Tating.

3. Markensoziologisches Privatissime am Büro für Markenentwicklung in Hamburg

Das Büro für Markenentwicklung lud ein zum 3. Markensoziologischen Privatissime und der Andrang brachte das kleine Hinter-“Hofbüro Eppendorf” in der Schottmüllerstrasse an seine räumliche Kapazitätsgrenze. Über dreißig alte und neue Bekannte von nah und deutlich weiter weg, versammelten sich am 12. Dezember 2019, um gemeinsam bei Rotwein (Medinet á la Hans Domizlaff) und Salzbrezeln über markensoziologische Problemstellungen zu denken und die Referenten des Abends zu erleben.

Vor dem offiziellen Beginn verlaß der Soziologe und ehemalige Lehrbeauftragte an der Universität Hamburg, Dr. Rainer Waßner einen Brief aus dem Nachlass des emigrierten, deutsch-US-amerikanischen Soziologen Rudolf Heberle (1896-1991) an Alexander Deichsel aus dem Dezember 1981. Der gebürtige Lübecker Heberle war in Kiel Student von Ferdinand Tönnies und heiratete später dessen Tochter, Franziska Tönnies. In dem handschriftlichen Brief dankt er Alexander Deichsel u.a. für seinen Einsatz um den Nachdruck der Tönnies-Schrift “Einführung in die Soziologie” (Enke-Verlag, Stuttgart) und erste Vorbereitungen, die zu einer Tönnies-Werksausgabe führen sollten. Die Gründung der Ferdinand-Tönnies-Arbeitsstelle an der Universität Hamburg im Sommersemester 1982 war der nächste offizielle Schritt, um die Erkenntnisse von Tönnies für die Gegenwart zu nutzen.

Über den örtlichen Umgang mit globaler Nachrichtenflut

Der Redakteur, Moderator, Autor und nicht zuletzt Markensoziologe Dr. Martin Busch war Impulsgeber des Abends. Das Thema des Radio-Bremen-Profis: “Selbstähnlichkeit in der Nachrichtenflut – Markensoziologische Bemerkungen zur Ordnung im vermeintlichen Chaos”. Von Original-Tonbeiträgen”live” unterstützt, zeigte er die tagtägliche Leistung von Hörfunk-Journalisten, die aus der 24/7-Nachrichtenflut “Ihre Ortsmarke” bzw. deren spezifische Interessen herausfiltern und erspüren müssen. Wie wird Selbstähnlichkeit aus Sicht des lokalen Senders sichergestellt, ist dies überhaupt möglich? Es fand eine Diskussion über die Rolle des Radios vor Ort, Stichwort “Glokalisierung”, aber auch der allgemeinen Zukunft dieses Mediums im voranschreitenden Digitalzeitalter statt. Welche Antworten hat die “Marke Hörfunk”, jenes Medium, welches 2023 bereits seinen 100. Geburtstag feiert auf die Digitalisierung? Wie soll das Radio zukünftig damit umgehen, wenn Podcasts und youtube-Videos die maßgeblichen neuen, “gelernten” Informationsquellen für nachfolgende Generationen sind?

Je mehr Globalisierung umso spezifischer der Ort

Im Anschluss klärte Professor Deichsel, Präsident der Ferdinand-Tönnies Gesellschaft Kiel, die Zuhörer über die Rolle von Herkunft, der Spezifik des Ortes in einer (scheinbar) globalisierten Welt auf: Eine Kugel ist die einzige geometrische Form, die über keinen definierten Mittelpunkt verfügt. Daher kann jeder Mensch an jedem Ort auf dieser Welt-Kugel jederzeit von sich behaupten: Hier, wo ich stehe, ist der Mittelpunkt der Welt. Und er oder sie hat damit immer recht.

Die Folgen dieses individuellen Mittelpunkt-Bewusstseins sind kontinuierlich spürbar und omnipräsent, ein kurzer Blick in die aktuelle Schlagzeilenlage genügt. Ob Donald Trump, Brexit oder Flüchtlingskrise: Überall ist die beständige Spannung zwischen der individuellen Moral des Ortes und einer global-übergeordneten Ethik spürbar. Exakt das, was Tönnies unter dem Begriff der “Öffentlichen Meinung” zusammenfasste: Eine quasi richterliche Instanz, die unparteiisch über den unzählbaren lokalen Welt-Geschehnissen und Gemeinschaften thront und sie unnachgiebig nach ihren allgemeingültigen bzw. ideeellen Maßstäben bewertet – und bei Verstößen streng verurteilt (Ferdinand Tönnies: Kritik der Öffentlichen Meinung, Berlin 1922/Erstausgabe).

Die beiden Gastgeber Professor Dr. Oliver Errichiello und Dr. Arnd Zschiesche vom Büro für Markenentwicklung schlossen den Abend mit einem großen Dank an die wesenwillig versammelte, stetig anwachsende Hamburger Denk-Gemeinschaft. Abgerundet wurde dies von der Überreichung von Original Lübecker Marzipanherzen und der “Original Markensoziologie-Grundlagenschrift” für den engagierten Bremer Gastreferenten.

Von links nach rechts: Martin Busch, Arnd Zschiesche, Alexander Deichsel, Oliver Errichiello. Photo: Yuri Borovskikh.
Alexander Deichsel erklärt seinen Zuhörern in gewohnter Art die Welt (und den Ort). Photo: Yuri Borovskikh.

X. Internationales Tönnies Symposium in Kiel: Ferdinand Tönnies als Wirtschaftsberater

Das X. Internationale Tönnies Symposium fand vom 5. bis 7. September 2019 an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel statt. In den Sälen des Audimax der Hochschule richtete die Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft die Veranstaltung aus. Ein besonderer Anlass war durch das Erscheinen von “Gemeinschaft und Gesellschaft” – dem berühmten Hauptwerk des Begründers der Soziologie in Deutschland – als Band 2 der Tönnies-Gesamtausgabe gegeben. Unter dem Titel der öffentlichen Veranstaltung “Gemeinschaft und Gesellschaft: Gemeinwohl und Eigeninteresse heute” ging es den teilnehmenden Wissenschaftlern darum, dem Denken des Gelehrten aus Oldenswort vor dem Hintergrund aktueller sozialer Herausforderungen und Krisen nachzuspüren. Außerdem wurde der inhaltlich-thematische Reichtum des Klassikers im Kontext der Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts beleuchtet. Die internationalen Tönnies-Experten sprachen zu diversen Aspekten seines Werks, das dreitägige Programm kann hier nachgelesen werden.

Tönnies Lehre ist so bunt wie aktuell.
Ferdinand Tönnies als Wirtschaftsberater

Unter der Überschrift “Ferdinand Tönnies als Wirtschaftsberater” fand am 7. September im Hörsaal H des Audimax ein mehrstündiges Panel statt, bei dem das Büro für Markenentwicklung mit drei Referenten am Start war: Professor Alexander Deichsel, in Doppelfunktion als Präsident der Ferdinand Tönnies Gesellschaft und Wissenschaftlicher Associate des Büro für Markenentwicklung, Professor Dr. Oliver Errichiello und Dr. Arnd Zschiesche als Geschäftsführer des Büro für Markenentwicklung in Hamburg. Die Themenbreite des Panels zeigt das Spektrum des Begründers der deutschen Soziologie allein im Bereich Wirtschaft: 

  • Prof. Dr. Oliver Errichiello: Einsamkeit als Bündniskraft: Die gemeinschaftliche Funktion der Marke in einer haltlosen Welt

  • Prof. Dr. Hartmut Hecht: Tönnies’ Leibniz Lektüre

  • Dr. Arnd Zschiesche: Die Soziologie ins Leben stellen: Tönnies als Sozioökonom und Markenversteher

  • Dr. Axel Schroeder: Markenbildung im Kapitalmarkt

  • Dr. Martin Busch: Selbstähnlichkeit in der Nachrichtenflut – Markentechnische Bemerkungen zur Ordnung im vermeintlichen Chaos

  • Dr. Rainer Waßner: „Keine Feier ohne Meyer!“ Aufstieg und Fall eines Berliner Marktgiganten

  • Prof. Dr. Alexander Deichsel: Marke verkauft Moral zu ethischen Bedingungen

Leibniz und Tönnies im “Austausch”

Es kam zu ausgiebigen Diskussionen, weit über das Thema Wirtschaft hinaus. So z.B. in Bezug auf das wissenschaftliche Verhältnis von Gottfried Wilhelm Leibniz und Tönnies, welches Hartmut Hecht anhand eines Briefes von Leibniz an Thomas Hobbes aus dem Jahre 1670 darstellt.  Einen Brief, welchen Ferdinand Tönnies 200 Jahre später in der British Library entdeckt, kommentiert und 1887 mit seinen Kommentaren publiziert. Hecht leitet aus Tönnies Text-Anmerkungen die These ab, dass sich trotz des zeitlichen Abstands, die Begründung von zwei unterschiedlichen empirischer Disziplinen wie der Physik und der Soziologie nicht nur gleicht, sondern auf einem gemeinsamen geistigen Ursprung beruht.

Die Marke als soziales phänomen erkennen

Aber gemäß dem Oberthema wurde auch die Rolle der Marke als Wirtschaftsfaktor im zunehmend digitalisierten 21. Jahrhundert  intensiv beleuchtet und diskutiert. Nicht zuletzt die plakative Tatsache, dass medial oft von Apple-Jüngern gesprochen wird, viele Marken mit umfassenden Mitteln versuchen sog. “Brand Communities” zu installieren, zeigt wie zeitlos die Erkenntnisse von Tönnies über die starken (wesenwilligen) Anziehungskräfte von Systemen sind: Die Marke wird deutlich, als ein primär soziales Phänomen, welches betriebswirtschaftliche Auswirkungen hat. Wer sie als Verantwortlicher nicht als soziales Phänomen begreift, der kann eine Marken-Gestalt nicht wert-bewusst und somit nicht verantwortungs-bewusst führen. Es gilt: Je stärker der gemeinschaftliche Grad einer Marke, je dichter ihr positives Vorurteil in der Kundschaft (und Öffentlichkeit), umso höher ihre soziale Attraktivität im Markt.  

Professor Alexander Deichsel und Professor Oliver Errichiello bei der Begrüßung im Hörsaal H.
Dr. Hartmut Hecht im Gespräch mit Alexander Deichsel.
Dr. Arnd Zschiesche referiert über Tönnies und seinen Beitrag zur Markenanalytik.
Dr. Martin Busch, Redakteur bei Radio Bremen, spricht über die Herausforderung Selbstähnlichkeit in den täglichen Nachrichten-Strom zu bringen.