Penny und “Der Riss” in der postmodernen Markenführung

Oliver Errichiello erklärt, warum Marken Bündnisse der Moderne sind.

“Danke Penny, Ihr schafft es mich immer wieder zum Weinen zu bringen.”
“Besser hätte man die Welt in 3 Minuten nicht auf den Punkt bringen können.”
“Die KollegInnen von Penny haben sich wieder mal was getraut. Nochmals ein filmisches Meisterwerk von Serviceplan… auf die Straße gebracht.”
“5 Gründe, warum der Penny-Spot ein herausragendes Stück Werbung ist.” (horizont)

Nur einige verkürzte Kommentare zum aktuellen Penny-Spot bzw. Penny-Weihnachtsfilm “Der Riss”. Ob es sich um ein filmisches Kunstwerk handelt, müssen andere bewerten. Dass es sich hierbei um Werbung handelt, ist jedoch auszuschließen. Es sei denn, “wir” wollen Werbung als eine gesellschaftskritische Kunstform empfinden und behandeln. Wer diesen Weg nicht mitgeht, steht vollkommen fassungslos da: Wie weit kann sich die Markenführung von der Wertschöpfungskette des eigenen Unternehmens entfernen? Wie weit weg von der Alltagsrealität “unserer” Kundschaft wollen wir stehen? An der Stelle setzen Penny et al. tatsächlich neue Maßstäbe. Jedes Jahr ab November startet die große Weihnachtsshow als Wettrennen um Aufmerksamkeit bzw. marketingdeutsch Awareness. Die große Frage lautet: Wer hat den emotionalsten?

Stellt sich die verantwortliche Penny-Branding-Unit vor der Ausstrahlung vor die Penny-VerkäuferInnen und erklärt ihnen: “Sorry, Gehälter können wir euch nicht erhöhen, schwierige Zeiten gerade, aber dafür haben wir einen außerordentlich gesellschaftskritischen Spot gedreht, über den in den Medien diskutiert wird?” (weniger in der Kundschaft) Ein vermutlich teurer Spot, der aber gar nicht dazu gedacht ist, mehr Käufer in einen Penny-Markt zu bewegen… Ist das tatsächlich der “Purpose” von Penny? Anders herum gefragt: Darf Werbung noch werben? Niemand stellt bei solchen Spots noch die Frage: Wurde in den Tagen nach Erstausstrahlung auch nur ein Produkt mehr in den Läden verkauft?

wer will denn werben?

Verschämt läßt Penny seine rot-gelben Signalfarben, sein vollständiges Logo nicht einmal auftauchen zum Ende des Spots. Es wirkt als wolle man für nichts werben, es geht der Marke (vermutlich) um “Emotions”, um Aufmerksamkeit für die “richtige” und wichtige gesellschaftliche Sache(n). Emotionen und “Anzahl der Aufrufe”  bei youtube scheinen die aktuelle Werbe-Währung darzustellen. Apropos: Lebensmittel günstig zu verkaufen ist eine “richtige” Sache, evtl. sogar eine richtig gute Sache.

Arnd Zschiesche erläutert die wirtschaftlich-psychologische “Unlogik” von sog. “Emotional-Spots”.

“Als die Welt ihren Sinn verlor, entdeckte die Werbung ihre Heilsbotschaft” formulierte der Publizist Roger Willemsen einst: Inzwischen ist es völlig normal geworden, dass uns jedes Jahr zu Weihnachten (Konzern-)Werbung die Welt erklärt, ein meist dramatisch-instrumentiertes Brennglas auf dunkelste und traurigste Ecken unserer Zeit wirft. Dieser Vorgang hat seltsame soziale Folgen: Menschen, die sich von der Politik nie bevormunden lassen würden, lassen sich von großen Unternehmen gerne die Welt erklären, schreiben nicht nur in den sozialen Medien sondern auch in den Feuilletons darüber. Wie konnte es soweit kommen?

Zu gast bei den “markenrittern”

Dieser Frage gehen Prof. Dr. Oliver Errichiello und Prof. Dr. Arnd Zschiesche in ihrem neuen Vortrag “Purpose Marketing – Profitshaming und Weltrettung? Oder: Werbung für Niemand” analytisch-historisch auf den Grund. An einzigartiger Stelle, im Rahmen der “Tafelrunde der Marke” in Luzern haben wir den Vortag erstmals in der Schweiz gehalten. Danke für die Einladung sagt das Büro für Markenentwicklung den Marken-Rittern Reto Buchli, Peter Weber, Edgar Faller und von der Hochschule Luzern Wirtschaft (HSLU) Fabienne Wyss und Dr. André Briw für dieses Podium im Hotel Schlüssel November 2022. Mehr Infos: Tafelrunde der Marke. 

Organisatoren und Referenten: Reto Buchli, André Briw (HSLU), Fabienne Wyss (HSLU), Oliver Errichiello, Edgar Faller und Arnd Zschiesche

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