Markenarchitektur – Marken effizient verknüpfen

Wenn die eigenen Marken kollidieren

Die Zweitmarke bedroht die Hauptmarke
Ob zugekauft oder hausgemacht – eine zweite Marke, billiger als die erste Marke des Hauses, wird schnell zur Bedrohung. Weil ihre Umsätze dank niedriger Preise zunächst weniger Anstrengung erfordern, hebelt sie die erste Marke aus. Sie zieht über Quersubventionen Geld ab, verbraucht Management-Kapazität und nutzt kostenfrei Ressourcen, Anlagen und Beziehungen der ersten. Im Verkauf brüstet sie sich damit, qualitativ der Erstmarke in nichts nachzustehen, aber billiger zu sein. „Synergien“ dieser Art können zum lebensbedrohenden Risiko für das Unternehmen werden.

Dachmarke oder Produktmarke?
Erfolgreiche Marken bilden Sortimente; Unternehmen bilden Divisionen. Und schon taucht die Frage auf, wie man die Line Extender oder Untergruppen am besten benennt. Falls dieser Prozess der Ausdifferenzierung nicht von vornherein kontrolliert gestaltet wird, etablieren sich unter der eingeführten Marke sogenannte Submarken, die schließlich Eigenrechte beanspruchen und damit das Gesamtsystem belasten. Konkurrierende Logos entstehen und damit die Frage, mit welchem Namen geworben werden soll. Wenn die Unordnung fortgeschritten ist, gerät das Markenmanagement in ein unlösbar erscheinendes Dilemma. Da stellt sich die Dachmarke als Patentlösung dar; aber erfahrungsgemäß kann sie der starken Produktmarke keine weitere Energie zuführen. Darüber hinaus steht sie mit ihr im Konflikt, dergestalt, dass die Spitzenleistungen nicht mehr spitz kommuniziert werden.

Bisher Wettbewerber, jetzt unter einem Dach
Gestern waren zwei Marken noch echte Wettbewerber im Markt und haben sich gegenseitig das Leben schwer gemacht. Durch Akquisition sind sie heute in einem Unternehmen vereint. Sollen sie Wettbewerber bleiben? Oder sollen sie möglichst überschneidungsfrei positioniert werden, damit der Markt maximal ausgeschöpft werden kann? Nicht einfach zu beantworten, wenn beide Marken geschichtlich eigentlich die gleiche Position, häufig in der Mitte des Marktes, besetzen. Soll man nun eine von ihnen verschieben, in ein anderes Segment? Oder bekommt eine der Marken Priorität? Damit wäre aber das Schicksal der anderen schon besiegelt.

Gemeinsamer oder getrennter Vertrieb?
Dogmatische Antworten auf diese Schicksalsfrage kann es nicht geben. Die Frage muss heißen: Ist die künftige Durchsetzungskraft unseres Vertriebs höher einzuschätzen als die Wettbewerbswirkung unserer Marken, oder ist es umgekehrt? Und wenn wir uns zugunsten der Vertriebskraft entscheiden, wie können wir in einem gemeinsamen Vertrieb zusätzlich die Markenenergien wettbewerbswirksam machen? Diese Fragen nur unter Kostengesichtspunkten abzuhandeln, kann dazu führen, dass weder der Vertrieb noch die Marken ihre volle Leistung im Markt bringen. Und Außendienstmitarbeiter wissen am Abend nicht, für welche Marke sie eigentlich gearbeitet haben oder am nächsten Morgen arbeiten sollen.

 

Für jede neue Leistung eine neue „Marke“?
Durch Innovation und Akquisition erweitern Unternehmen ihr Leistungsspektrum. Aber unter welcher Marke sollen die neuen Leistungen vermarktet werden? Groß ist die Neigung junger Unternehmenszweige, den Namen ihres Stammhauses als „verstaubt“ abzuqualifizieren und nach einer neuen „modernen Marke“ zu verlangen. Gibt man solchen Fliehkräften nach, droht Vitalitätsverlust: Die neuen, moderneren Teilsysteme, die sich namentlich von der „Mutter“ trennen, lassen die Mutter schnell alt erscheinen; anderseits lassen sie sich aber von ihr finanzieren. Teuer bezahlte und zurückgenommene Namensexperimente sind Anlass genug, über eine durch- haltbare Ordnung und Zuordnung früh genug nachzudenken.

Was ist zu tun?
Hinter diesen Problemen steht im Grunde eine einzige, allerdings nicht leicht zu beantwortende Frage: Wie organisiert man Marken, Namen, Zeichen und die finanziellen und menschlichen Energien in einem Mehrmarken-Unternehmen so, dass die wirtschaftlichen Ziele erreicht werden.

Sich auch mit komplexen Portfolien im Markt durchsetzen
In der Praxis werden die oben skizzierten Probleme dadurch verschärft, dass sie in vielen Unternehmen kombiniert auftreten. Regelungsbedarf besteht sowohl in der Beziehung von Gruppen- zu Einzelmarken als auch zwischen parallelen, möglicherweise sogar konkurrierenden Angeboten. Zu entscheiden ist immer: Welche Sortimente und Leistungen eines Unternehmens sollen so verbunden werden, dass sie im Markt als gemeinsame Kraft wirksam werden? Und welche Leistungen müssen voneinander getrennt werden, damit sie zur maximalen Wirkung kommen?

Verbindung und Trennung – zur nachhaltigen Ordnung komplexer Unternehmensportfolien ist in der Regel beides erforderlich. Mit dem Lösungsprojekt Markenarchitektur ist es möglich, diese für jedes Unternehmen äußerst sensiblen Fragestellungen vom oberflächlichen Branding (Name, Logo, Farben) auf eine tiefer gehende Betrachtungsebene zu verlegen: Sämtliche strategischen und operativen Implikationen der zu treffenden Marken-Entscheidung werden analysiert und so dargestellt, dass das Management auch die Auswirkungen bzw. Nebenwirkungen der möglichen Entscheidungen kennen lernt.

In komplexen Mehr-Marken-Systemen sind die Durchsetzungskraft der einzelnen Marken und die Effizienzvorteile (Synergien) strukturell gegenläufige Größen. Das Instrumentarium der Markenarchitektur ermöglicht es auch in schwierigen Fällen (z.B. bei Übernahmen und Fusionen), diese beiden Größen zu optimieren. Dazu wird die Trennung bzw. Verbindung der Marken entlang der gesamten Wertschöpfungskette geregelt – von der Forschung & Entwicklung über Produktion und Marketing bis hin zu Außendiensten und Absatzkanälen. Jede einzelne Marke wird dort, wo sie eigenständig operieren soll, geschützt; die Gruppenkraft wird dort aktiviert, wo sie Überlegenheit erzeugt.

Das Projekt Markenarchitektur lässt sich auch auf die spezielle Frage zuschneiden, ob in einem Mehr-Marken-System ein gemeinsamer Vertrieb größere Vorteile erzeugt – oder ob die Wirkung stärker ist, wenn die einzelnen Marken getrennt vertrieben werden. In diesem Zusammenhang werden die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den Marken einerseits und seinen Absatzpartnern andererseits sehr genau untersucht; damit die Vertriebsmitarbeiter an dieser Schnittstelle später die größtmöglichen Wirkungen erzielen.

An anderer Stelle geht es um die Frage, wie man mit einer billiger positionierten Zweitmarke umgeht. Sicher kommt alles darauf an, eine Kannibalisierung der Hauptmarke zu vermeiden. Dennoch gibt es zur Lösung dieses Problems keine Patentrezepte. Jeder Fall ist ein Einzelfall und muss nach sämtlichen Parametern durchleuchtet werden. Zweitmarken, die ohne Quersubventionen nicht lebensfähig sind, werden dabei auf den wirtschaftlichen Prüfstand gestellt.

Ist die Ordnung der Marken in einem Unternehmen geregelt, kann ein anderes markenarchitektonisches Problem auftauchen, nämlich die Frage, wie die Sortimente unterhalb dieser Marken auftreten sollen. Dabei muss die Gestaltung jedes Markenportfolios zwei Anforderungen erfüllen: Alle angebotenen Produkte müssen wirksam mit der bekannten Marke verbunden sein. Denn Name und Zeichen der Marke sind der Speicherplatz, wo sich die Leistungserfahrungen der Kunden akkumulieren. Zugleich müssen die unterschiedlichen Produkte soweit differenziert werden, dass das Kompetenz-Spektrum der Marke für den Kunden erkennbar wird. Die Marke kann dann mit ihrem gesamten Sortiment höchste Durchsetzungskraft entfalten.

Steht an der Spitze eines Markenportfolios eine Konzernmarke, sieht sich das Projekt Markenarchitektur vor eine qualitativ andere Aufgabe gestellt. Mit Blick auf den Absatzmarkt ist zu entscheiden, ob der Konzern im Hintergrund bleibt, oder ob er sich als Absender zu erkennen gibt. Im letzteren Fall ist ein angemessener, sichtbarer „Bekenntnisgrad“ zwischen den einzelnen Marken und dem Konzern herzustellen. Die besondere Aufgabe der Konzernmarke besteht in jedem Fall aber auch darin, den Kapitalmarkt zu beeindrucken. Im Unterschied zum Absatzmarkt, wo die Beziehung zu Kunden und Händlern über einzelne, unverbundene Marken bestens geregelt sein kann, muss ein Konzern gegenüber dem Kapitalmarkt demonstrieren, dass er ein kraftvolles Markenportfolio integriert.

Mit dem Instrumentarium der Markenarchitektur wird die Ordnung von Firmennamen, Marken und Zeichen auf eine sichere und wirtschaftlich vernünftige Basis gestellt. Das Management erhält eine verlässliche und transparente Entscheidungsgrundlage:

  • Die Markenarchitektur stellt einen Zusammenhang her zwischen der historisch aufgebauten Wettbewerbskraft der Marken und den aktuellen Ordnungs- und Gestaltungsabsichten des Unternehmens.

 

  • Ausgangspunkt ist die Frage, mit welchen Namen und Zeichen die historisch aufgebaute Markenenergie verbunden ist. Diese stellen erhebliche Kapitalwerte des Unternehmens dar und bilden innerhalb eines komplexen Portfolios das Gerüst der Markenarchitektur.
  • Die relevanten Optionen für die zukünftige Markenordnung werden detailliert ausgearbeitet und hinsichtlich sämtlicher strategischer und operativer Implikationen analysiert.
  • Die systematische Vorgehensweise des Instituts für Markentechnik ermöglicht es, alle Vor- und Nachteile der Optionen objektiv zu betrachten und zu vergleichen.
  • Falls es erforderlich ist, eingeführte Namen aufzugeben, wird ein Migrationsprozess zur Überführung der Markenenergie entwickelt.
  • Einführungs- und Umsetzungsstrategien stellen sicher, dass die neue Markenordnung im Tagesgeschäft realisiert wird.
  • Jede neue Aktivität (auf Firmen-, Marken- oder Produktebene) kann nach objektiven Kriterien eingeordnet werden – damit ist das Management in der Lage, das Markenportfolio dauerhaft mit sicherer Hand zu führen.

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